Test: Steinberg Cubase 9.5 – DAW-Software
Für ein vermeintlich kleines Update hat Cubase 9.5 einiges auf Lager und wartet mit funktionalen Erweiterungen, Steigerung der Audioqualität, einer neuen Klangerzeugung und der Optimierung von Arbeitsabläufen auf.
Eine wesentliche Neuerung sind die überarbeiteten Automationskurven aller drei Cubase-Versionen. Diese generieren als Beziér-Splines fließende, statt stufige Parameterverläufe, die sich zudem direkt in den Audio- und MIDI-Spuransichten des Projektfensters bearbeiten lassen. Kurvenabschnitte können vertikal verschoben und per Stift-Werkzeug linear oder exponentiell mit variabler Steigung geformt werden. Mit einem Auswahlbereich-Werkzeug lassen sich Kurvenabschnitte dazu auch horizontal verschieben und auf andere Spuren übertragen. Formt man auf diese Weise einen Lautstärkeverlauf oder eine Filtermodulation, klingen die Übergänge rund und wunderbar glatt.

Verbesserte Mixing-Engine
Eine neue Dimension der Klangqualität soll die 64-Bit-Fließkomma-Mixing-Engine eröffnen. Diese erlaubt eine Berechnung von Effekten und Summierung mit doppelter Genauigkeit, was sich laut Steinberg in höherer Detailtreue und transparenterem Klang mit präziserer Dynamik äußern soll. Diese Berechnung erfolgt intern und unabhängig von der genutzten Projekteinstellung. Testweise habe ich identische Projekte unter Cubase 9 und 9.5 angelegt und nach Dithering im CD-Ausgabeformat als CD-kompatible Audiodateien exportiert. Das Ergebnis: Um die Überlegenheit der 64-Bit-Fießkommaberechnung herauszuhören, braucht man gute Monitore und feine Ohren. Der Unterschied ist auf CD-Niveau kaum wahrnehmbar, denn schon Cubase 9 liefert exzellente Ergebnisse. Allerdings beansprucht die neue Engine bei unserem Testprojekt eine deutlich höhere Rechenleistung und dürfte somit erst bei der Mischung und beim Einsatz hoher Auflösungen in Betracht kommen.

Schneller zum Ziel
Eine Arbeitserleichterung ist auch der neue Dateibrowser Medien. Dieser bildet die Ordnerhierarchie des Rechners ab und erlaubt ohne Fensterwechsel oder Import-Menüs effizienten Zugriff auf kompatible Dateien. Über spezifische Kategorien können Loops und Samples aus dem Cubase-Repertoire, Insertketten für Mischerkanäle oder Instrumente mit ausgewähltem Preset zügig geladen werden.
Weitere Neuerungen in allen Versionen
Mit Cubase 9.5 können nun auch MIDI-Spuren in den Sampler gezogen werden, die automatisch gerendert werden. Dazu gibt es auch Undo/Redo und die Möglichkeit, zwischen Versionen zu vergleichen. Ebenso praktisch ist die zuschaltbare Anpassung, mit der Takt-, Zählzeit und Quantisierungsraster automatisch der Zoomeinstellung folgen. Neben einem Aufhübschen wurden einige Effekte funktional überarbeitet. So bietet der Röhrenkompressor nun eine dosierbare Sättigung und ein regelbares Mischungsverhältnis mit dem Originalsignal. Das neue Metronom erlaubt die Auswahl verschiedener Klick-Sounds und folgt Rhythmuswechseln – in der der Pro-Version lassen sich sogar eigene Metronom-Patterns erstellen. Hinzu kommen auch rund 140 neue kategorisierte Mischerkanal-Presets für unterschiedliche Genres und Anwendungen. Schließlich wurde auch die Video-Engine erneuert, die die Verwendung zahlreicher Formate und die Arbeit mit externen Videokarten gestattet.

Exklusiv für Cubase 9.5 Artist und Pro:
In Cubase 9.5 Artist und Pro können nun bis zu 16 (zuvor acht) serielle Insert-Effekte pro Kanal geladen werden. Die Trennlinie zwischen Pre- und Post-Fader-Effekten kann dabei frei verschoben werden. Der On-Board-Klangerzeuger Halion Sonic SE erhält zudem den neuen Wavetable-Synthesizer Flux. Dieser stellt mit zwei Oszillatoren, Multimodefilter, dosierbarer Röhrensättigung, zwei LFOs, drei Hüllkurven, 16-Slot-Modulationsmatrix und Arpeggiator ein tief editierbares Klangchamäleon selbst für ausgefallene Klangexperimente dar. Mit der Pro-Version lassen sich ab sofort Offline-Berechnungen aller verfügbaren Effekte und Cubase-Prozesse per Tastendruck ausführen. So lässt sich ein Abschnitt einer Spur gezielt und schnell ohne jede CPU-Belastung bearbeiten.
FAZIT
Zu den Highlights von Cubase 9.5 zählen die neuen, in der Spuransicht editierbaren Automationskurven, die nicht nur rund sind, sondern auch so klingen. Auch der Wavetable-Synthesizer Flux für Halion Sonic SE ist ein nützlicher Zugewinn, ebenso die Erweiterung der Insert-Effektketten auf 16 mögliche Effekte. Wer sein Material gern direkt offline mit Effekten versieht, wird sich zudem über die effizientere ressourcensparende und reversible Bearbeitung komplexer Effektketten freuen. Dazu wurde mit dem komfortablen Medien-Browser und dem sich automatisch anpassenden Raster die Handhabbarkeit verbessert. Die gesteigerte Audioqualität durch die rechenintensive 64-Bit-Fließkommaberechnung wendet sich hingegen an Anwender, die mit echt audiophilem Anspruch arbeiten. Unterm Strich komplettiert Steinberg die Ausstattung seines ohnehin äußert vollständigen Sequencers nochmals im sinnvollen Bereich. Angesichts moderater Updatepreise ist da der Umstieg zu empfehlen.
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