Test: Elektron Digitakt – Hardware-Sampler
Die Sampler sind zurück! Nachdem sich Beatbauer alter Schule über neue MPCs von Akai freuen durften, sind jetzt die Techno-Kids an der Reihe zu jubeln. Elektron stellt mit Digitakt einen kompakten und modernen Sampler mit integriertem Sequenzer vor.

Lange vor Octatrack und den Geräten der Analog-Reihe setzte Elektron mit Machinedrum und Monomachine neue Standards für Step-Sequencing und prägnante Bedienoberflächen. Für Erstes bot Elektron mit der Ultrawave-Erweiterung eine Sampling-Option an, die neben Live-Sampling auch das Speichern einfacher 12-Bit-Sounds als One-Shot-Samples ermöglichte. An diese Erweiterung scheint der Acht-Spur-Sampler des Digitakt angelehnt zu sein. Er profitiert zudem von den Annehmlichkeiten neuerer Elektron-Geräte. Anders als beim Flaggschiff-Sampler Octatrack liegt der Fokus bei Digitakt ganz klar auf unkomplizierter Programmierung von Beats und MIDI-Sequenzen, weniger auf Live-Performance und abgedrehten Effekten.
Elektron Digitakt – ein Schmuckstück
Digitakt ist erfreulich kompakt, weshalb sich das Gerät leicht in bestehende Setups integrieren lässt. Aber auch als Couch-Gerät oder für spontane Ideenskizzen unterwegs eignet sich Digitakt hervorragend. Da ist es schon fast schade, dass Elektron dem Zwerg keinen Akku spendiert hat. Dafür gibt es große Klinkenbuchsen für Kopfhörer und Stereoein- und -ausgänge, einen MIDI-Eingang sowie zwei MIDI-Ausgänge, die wahlweise auch für DIN-Sync verwendet werden können. Zum Testzeitpunkt funktionierten weder der Betrieb des dritten MIDI-Ports im Thru-Modus noch die Nutzung des USB-Ports als MIDI-Interface. Derzeit dient der USB-Anschluss lediglich der Sampleübertragung von einem Computer zur +Drive genannten 1-GB-Sample-Bibliothek des Digitakt. Hierfür kommt die neue Gratissoftware Transfer zum Einsatz: Auf deren Fenster lassen sich Dateien in verschiedenen Formaten ziehen, die direkt in das passende Format (Wav, mono, 16 Bit/48 kHz) konvertiert und in einen datierten Ordner auf das +Drive kopiert werden. Tatsächlich funktioniert dies hervorragend und lässt einen den fehlenden Cardslot am Gerät fast vergessen. Bei der Verarbeitung des mattschwarz lackierten Metallgehäuses, des orange-gelben OLED-Displays und der Endlosdrehregler wurden keine Kompromisse eingegangen – Digitakt fühlt sich wie ein typisches Gerät aus dem Hause Elektron hochwertig an. Neu sind die nun beleuchteten Taster, die trotz neuer Optik über die selbe Haptik verfügen. Fans alter Computertastaturen dürfen begeistert sein, wer auf anschlagdynamische Taster/Pads für die Sequenzer-Steps gehofft hatte, wird hingegen enttäuscht. Die Bedienung der wichtigsten Gerätefunktionen ist schnell erlernt, lediglich die Strukturierung von Samples, Sounds, Projekten und Patterns sollte man sich im Handbuch oder online ansehen.

Ein Projekt kann 127 Samples mit insgesamt 64 MB sowie 128 Patterns mit je acht Sampler- und acht MIDI-Spuren umfassen. Mit Ausnahme der Verwaltung der +Drive-Bibliothek und globaler Einstellungen lassen sich alle Funktionen mit maximal zwei Tasten direkt erreichen. Als Shift-Taster dient die orange markierte Funktionstaste. Mit der Track-Taste kann eine der 16 Spuren in den Fokus gesetzt werden. Die acht Encoder steuern die Parameter der aktiven Spur, unterteilt in Bildschirmseiten für Trig, Source, Filter, Amp, LFO sowie die globalen Seiten für Quantisierung, Delay, Reverb und Track-Mixer.
Song-Modus? Nein, Danke!
Herzstück von Digitakt ist der Elektron-Sequenzer, der dank Parameter Locks ermöglicht, für jeden der bis zu 64 im Microtiming verschiebbaren Schritte eigene Parameterwerte zu speichern. Dies kann sowohl durch Drehen der Potis im Record-Modus oder durch präzises Verändern für jeden Sequenzerschritt erfolgen. Insbesondere die Source-Ansicht mit optionaler Wellenformdarstellung ist dank Parameter Locks ein Highlight: So kann man jedem Schritt ein beliebiges der 127 Samples eines Projektes zuweisen. So lässt sich die Komplexität erhöhen oder auch ein ganzes Pattern auf einer oder zwei Spuren programmieren. Neben Auswahl, Länge, Start- und Endpunkt lassen sich Samples umdrehen und loopen sowie über insgesamt vier Oktaven transponieren. Die Tastenkombination Func + Trk verwandelt die Tasten des Step-Sequencers in eine rudimentäre Klaviatur zur Noteneingabe. Die Filtersektion bietet ein Hoch- oder Tiefpass-Filter mit 24-dB-Flankensteilheit und Hüllkurve. Weiterhin lassen sich die Send-Effekte Hall und Echo, eine Bitreduktion und Overdrive pro Spur zur Klangformung nutzen. Über globale Mastereffekte verfügt Digitakt nicht, dafür lassen sich die acht Audiokanäle auf einer separaten Bildschirmseite über die Potenziometer abmischen. Die acht mächtigen MIDI-Spuren zur Ansteuerung externer Hardware können neben Programm- und Bankwechseln je bis zu vier Noten, Modulationsrad-, Pitchbend und Aftertouch-Daten sowie acht automatisierbare CC-Nachrichten senden. Dazu steht wie bei den Sampler-Spuren ein LFO für weitere Modulationen bereit. Einen Song-Modus gibt es nicht, dafür lassen sich mehrere Patterns verketten.

Einfach sampeln
Digitakt ist ein ideales Instrument, um schnell und unkompliziert rhythmische Ideen auszuprobieren. Ein Gigabyte Samplespeicher sollte ausreichen, um eine mächtige Sammlung an Drumsounds, Synthesizer-Samples und Effektsounds anzusammeln, mit der man spontan jammen kann. Als Playback-Maschine für lange Backing-Tracks oder als Loop-Sampler ist Digitakt schlicht und ergreifend nicht zu gebrauchen, doch dafür gibt es mit Octatrack bereits ein passendes Gerät von Elektron. Leider bedeutet dies aber auch, dass alte Machinedrum-UW-Tricks wie das spontane rhythmische Sampeln eines Live-Inputs nicht mehr funktionieren. Digitakt verfügt über eine Sampling-Ansicht mit Peakmeter. Nach der Aufnahme muss ein Sample aber zunächst benannt, gespeichert und einer Spur zugewiesen werden – für Live-Sampling denkbar unpraktisch. In Firmwareversion 1.03 kommt es beim Speichern längerer Aufnahmen sowie beim Kopieren von Samples teils zu längeren Wartezeiten, die in kommenden Updates hoffentlich beseitigt werden.
Realitätscheck
Zunehmend kommt man sich auch bei Hardware-Firmen wie ein Betatester vor. So hat Elektron mit der Overbridge-Software lange Betaphasen durchlebt. Digitakt soll nun eine eigene Overbridge-Version bekommen, unterteilt in eine Gratis- und Premium-Variante. Während Overbridge Basic lediglich Sample-Management, USB-MIDI und eine kurzzeitige Nutzung als Audio-Interface ermöglicht, transformiert das voraussichtlich 79 Euro teure Overbridge Premium Digitakt in ein waschechtes Audio-Interface mit zwei Ein- und Ausgängen. Ob man diesen Extrapreis bezahlen möchte, sei jedem selbst überlassen. Es wäre aber schön gewesen, wenn diese Funktionen bei Markteinführung verfügbar wären. So müssen wir uns vorerst vertrösten lassen und ohne dringend benötigten Library-Manager am Computer leben.
FAZIT
Wer einen samplebasierten Drumcomputer mit Charakter, großem Sound, Sampling und guter Bedienung sucht, wird bei Digitakt fündig. Gleichzeitig war es noch nie so günstig, einen ausgewachsenen Elektron-Sequenzer, den ich für den besten weit und breit halte, auf dem Produziertisch zu haben. Zu einem Preis, der nur wenig über den funktionsstrotzenden Plastikkisten des Budget-Bereichs liegt, erhält man also ein echtes Profi-Instrument, das gleichzeitig als Sequencer und Drumcomputer einsetzbar ist.
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