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Interview: Moderat – Kompromiss macht schlank

Zum dritten Mal haben sich Modeselektor und Apparat zusammengeschlossen, um als Moderat ein Album aufzunehmen. Sascha Ring, alias Apparat, verrät im KEYS-Interview alles über die Produktion zu „III“, dem neuesten Werk der Berliner Band.

Moderats drittes Album ist nicht so üppig arrangiert wie etwa typische Solo-Releases von Apparat, aber wesentlich intelligenter als das meiste, was sonst dieser Tage unter dem Schlagwort „elektronische Musik“ in den Charts zu finden ist. Die Herren Szary, Bronsert und Ring feiern auf „III“ weiter einen Sound, der mehr ist als die Summe seiner Teile. Das Geheimnis ihrer Zusammenarbeit: Kompromisse eingehen, ohne sich kompromittieren zu lassen. 

Moderat
Moderat // Foto: Flavien Prioreau

KEYS: Sascha, ihr bereitet euch gerade auf die ersten Konzerte eurer Tour vor. Wie gestaltet sich das Übertragen der neuen Songs in den Live-Kontext? 

Sascha Ring: Da gibt es diesmal einen kleinen Stolperstein, weil wir bei dieser Platte ziemlich viele Sessions gemacht haben und auch mal mit einem Modularsystem einfach ein paar Tage herumgespielt wurde. Aus den Audio-Würsten – so nennen wir die Resultate solcher Sessions – haben wir dann Teile herausgeschnitten. Die sind natürlich in Stein gemeißelt. Das kann man so nie wieder rekonstruieren. Und versuchen, es ungefähr nachzubauen, fetzt auch nicht. Da nimmt man dann doch lieber die Parts und spielt etwas anderes drüber oder so.

KEYS: Warum habt ihr euch entschieden, ein Modularsystem zu nutzen?

Sascha Ring: Da muss ich ein bisschen ausholen. Ich hatte ja vor einiger Zeit einen Motorradunfall. Als ich danach in meiner Wohnung auf der Couch lag, um mich auszukurieren, ist mir tatsächlich unten vor der Haustür das Motorrad geklaut worden. Da man mir sowieso verboten hatte, weiter Motorrad zu fahren, dachte ich mir: „Cool, genau das Geld, was ich sonst für ein neues Bike ausgegeben hätte, investiere ich jetzt in ein Modularsystem.“ In den drei Monaten, die ich auf der Couch verbringen musste, habe ich musikalisch echt nichts hinbekommen, ich konnte mich aber mit dem Thema Modularsystem beschäftigen. Als Erstes habe ich mir ein Make-Noise-Koffer-System geholt. Und obwohl ich bei diesem Thema schon einen Background besitze und früher auch viel mit dem Nord Modular oder MaxMSP gemacht habe, musste ich mich doch erst mal wieder mit den Grundkonzepten beschäftigen – Steuerspannungen, den Audiowegen und so weiter. Nach dem Make-Noise-Koffer ist noch mehr dazu gekommen. Sachen von Mutable Instruments zum Beispiel. 

KEYS: Wie habt ihr das System dann eingesetzt?

Sascha Ring: Das Interessante ist, dass das System am Ende gar nicht für Synthese benutzt wurde. Ich habe gesampelt. Es gibt von Qu-Bit so ein Sampling-Modul – eigentlich ist das ein Granular-System, aber die Granular-Features sind ziemlich rudimentär. Das Ausgangsmaterial bestand ganz oft aus Stimmen. Was dann auch ein bisschen das Konzept fürs Album war. Entweder habe ich schnell etwas eingesungen oder wir haben Sachen aus Songideen genommen, die schon vorhanden waren. Im Modularsystem ist das dann moduliert worden, auch um es rhythmisch zu machen. In „Running“ kann man das gut hören. Dafür haben wir so ein African-Rhythm-Pattern genommen und am Ende hatte der Song einen Dreiviertel-Takt. Ein Techno-Walzer! Es gibt aber im Hintergrund auch subtilere Sachen. Hall-Flächen zum Beispiel, für die dann Stimmen im Granular-Sampler kurz gedreht wurden, sodass nur noch ein Fragment übrig blieb. Was dann, fast wie bei einem Wavetable, ganz kurz geloopt wurde. Microsampling sozusagen. 

KEYS: In der ersten Single „Reminder“ gibt es auch einen interessanten Stimmen-Part im Chorus. Wie habt ihr diese Vocals bearbeitet?

Sascha Ring: Das ist einfach nur gepitcht. Es klingt aber wie ein komplizierterer Effekt, weil es nicht meine Stimme ist. Das ist ein weiblicher Vocal-Part. Wir hatten hier mal Laila Samuelsen zu Gast, eine ziemlich coole Frau, die mir ein bisschen bei Songwriting-Problemen helfen sollte. Ich bleibe da manchmal ein wenig stecken. Ich komme ja vom Techno. Laila hat dann versucht, mir ein paar Sachen zu zeigen. Wobei das nur bedingt Wirkung gezeigt hat. Dafür war es aber super, dass wir auf ihre Stimme zurückgreifen konnten. Als ich versucht habe, die Zeile „May burning bridges light my way“ zu singen, klang das „May“ immer wie bei einem Schaf. Ich habe dann Leila gefragt, ob sie das mal probieren könnte, und weil sie recht hoch gesungen hat, wurde der Part runtergepitcht. Ich wollte ursprünglich, dass der Part schwarz klingt. Soulful. Jetzt klingt es halt „artificial schwarz“.

KEYS: Du hast eben von Hall-Flächen gesprochen. Welche Reverb-Plug-ins nutzt du?

Sascha Ring: Das Absurde ist, dass ich nach wie vor den schäbigen, in Logic enthaltenen Platinum-Reverb benutze. Der ist zwar nicht gut für richtig lange Hallfahnen, aber wenn man ihn ein bisschen ausdünnt, mag ich den gerne. In Sachen ernsthafte Reverbs hat man mir mal aufgezwungen, mich wieder mit Lexicon zu beschäftigen. Wenn ich ein Plate auf eine Stimme lege, nehme ich jetzt etwas aus der Lexicon-Fraktion. Ganz wichtig bei Moderat sind auch die Sachen von Soundtoys. Die stecken in jedem Song. Ich nehme für Drums beispielsweise schon gar keine normalen Kompressoren mehr, sondern lege immer einen Decapitator drauf. Der macht den gleichen Job, gibt dem Ganzen aber noch mehr Griffigkeit. Echoboy ist auch krass, weil man damit sogar granulare Sachen machen kann, wenn man sich ein bisschen Mühe gibt. Sehr oft benutze ich auch noch Guitar Rig, obwohl wir diesmal keine Gitarren drin hatten. Aber auch als reine Effektmaschine ist das cool. Ich mag immer noch das Psychedelay aus Guitar Rig sehr gerne. Wenn man das auf Reverse stellt und mehrere hintereinander schaltet, bekommt man ein ganz dichtes Delay-Gewabere hin, das ich sonst noch mit keinem anderen Werkzeug erzeugen konnte.

Sascha Funke

Lässt die Musik gern „vom Bauch in die Hände“ fließen: Sascha Ring (Apparat). // Foto: Florian Zapf

 

KEYS: Wie arbeitest du eigentlich generell mit Sebastian und Gernot an einem Album? Sitzt ihr gemeinsam in einem Raum?

Sascha Ring: Am Anfang gibt es eine Phase, in der wir versuchen, separat so viele Ideen wie möglich abzufeuern. Dabei hat es sich bewährt, dass man jeden Tag mindestens eine Skizze macht und die gar nicht groß bewertet. Am nächsten Tag kommt die nächste dran. Man soll gar nicht so weit überlegen, dass man Sachen denkt wie „Das gab‘s schon mal“ oder „Das ist albern“, sondern man macht einfach und lässt es die anderen anhören. Das ist der Filter. Wir vertrauen uns natürlich gegenseitig sehr, sonst könnte man das nicht machen. Wenn ich dann nach einer Woche den beiden einen Skizzenordner gebe, kristallisiert sich ziemlich schnell heraus, was eine Zukunft hat.

KEYS: Wie geht es dann weiter?

Sascha Ring: Nach der Ideenfindungsphase zwingen wir uns mehr oder weniger, immer zu dritt im Studio zu sitzen. Manchmal sitzt auch einer drüben im Raucherstudio und macht Fleißarbeit, für die man nicht mehrere Leute braucht. Grundsätzlich soll es aber schon wie bei einer Band ablaufen. Daraus ergibt sich dann auch das besondere Ergebnis – alleine würden wir das so nicht hinbekommen. Der Filter, durch den immer alles durch muss, macht unser Leben im Studio zwar sehr schwer, weil man sich eben auch viel streitet und für seine Ideen kämpft … Das kann extrem frustrierend sein, aber es hat auch ein enormes Potenzial. Wir kürzen vieles raus. Das schaffe ich sonst nicht. Für mich ist Moderat ja schon relativ minimale Musik. Klar, es gibt recht viele Instrumente, aber wenn man sich zum Beispiel mal „Reminder“ anschaut: Das ist nur ein Holzklappern, ein Synth oben drauf mit einem Leier-Effekt, ein Bass drunter und eine Stimme. Bei Apparat-Songs habe ich sonst 85 Spuren übereinander liegen. Das Absurde ist: Wenig schaffen wir nur mit vielen Leuten. Die Maschen des Netzes, durch das die Ideen müssen, ist sehr eng. 

KEYS: Das Holzklappern, von dem du gerade gesprochen hast – ist das eine eigene Aufnahme?

Sascha Ring: Ja, das haben wir auf einer Palette gespielt, auf der hier sonst Platten angeliefert werden. Wir stellen oft Kram im Studio auf und hauen darauf herum oder wir holen uns Tüten aus der Küche und benutzen die als Shaker. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass ein aufgenommenes Signal einem erzeugten Signal sehr oft überlegen ist. Schon durch den Raumanteil, aber auch durch andere Faktoren. Natürlich haben synthetische Percussions ihren Reiz. Uns ist aber klar geworden, dass wir, erstens, den Sound eines aufgenommenen Signals mögen und, zweitens, solche Parts dann auch ganz anders spielen. „Reminder“ ist da ein gutes Beispiel. Die Rhythmusfraktion hat uns bei dem Stück echt verrückt gemacht. Wir konnten einfach nichts Passendes programmieren und fingen deshalb irgendwann an, den Beat einfach mit den Händen zu klopfen. Wenn man aus so etwas dann einen Loop schneidet, ergibt das oft einen richtig coolen Part, den man so nie programmiert hätte. Das funktioniert nur, wenn die Musik sozusagen intuitiv vom Bauch in die Hände fließt. Bei den Aufnahme-Setups sind wir auch nicht super ambitioniert. Wir suchen nicht für jeden Sound ein eigenes Mikrofon oder den richtigen Preamp. Hier stand halt immer ein Setup mit AKG C414ern – das sind unsere Mädchen für alles. Es ist in solchen Situationen ja auch wichtig, dass es schnell geht.

KEYS: Vielleicht klingen solche Parts auch gerade interessant, weil ihr eben nicht perfekte Perkussionisten seid und der Zufall immer mit im Spiel ist?

Sascha Ring: Genau. Da fällt mir eine Kritik von einem Volltrottel ein, in der es über ein Album von mir hieß: „Und dann kommt eine Mandoline, die offensichtlich von jemandem gespielt wurde, der keine Mandoline spielen kann.“ Dazu kann ich nur sagen: „Na klar, that’s the fucking point!“ Es war ja nicht schief oder so etwas, sondern einfach unorthodox gespielt und komisch geloopt und aufgenommen. Ich kann eigentlich mit Kritiken ganz gut umgehen, aber die hat mich sehr aufgeregt. 

KEYS: Du benutzt auch oft Gitarren …

Sascha Ring: Ja, bei dieser Platte nicht so, aber sonst ist eine Gitarre in meinem Arsenal ganz wichtig. Ich schleife die oft durch Granular-Plug-ins, um sie als Flächeninstrument zu nutzen. Durch die ganzen Attacks, die in solchen Flächen stecken, flirrt das auch immer schön. Das ist mein Flächentrick Nummer 17.

KEYS: Welche anderen Tricks nutzt du, um Wärme oder etwas Schmutz ins Signal zu bekommen?

Sascha Ring: Ich betreibe viel Resampling. Schon bei der letzten Platte haben wir oft den Spektral-Sampler Iris von iZotope eingesetzt. Damit kann man ziemlich intuitiv Anfangs- und Endpunkte auswählen, aber auch den Frequenzbereich, den man abspielen will, bestimmen. Wenn man das dann halb so schnell abspielt und ein komisches Frequenzfenster nutzt, klingt das schön grainy und wird – seltsamerweise – vom Ohr als angenehm empfunden.

KEYS: Welche anderen Klangerzeuger habt ihr eingesetzt?

Sascha Ring: Da gab es wirklich nicht viel. Ich glaube, ein Hardware-Synth wurde zum Beispiel gar nicht benutzt. Bässe kommen nach wie vor aus dem Native Instruments Razor. Der klingt jedes Mal fett. Am Modularsystem wurden meist ganz simple Wellenformen erstellt und durch weiteres Effektieren bearbeitet. Einen fancy Synthesizer brauchte es da gar nicht. Viel hat sich auch, wie gesagt, durch den Einsatz von Stimmen erübrigt. Und die Lead-Sounds, die sich fast nach Achtziger-Klängen anhören, kommen auch aus dem Iris. Runtergepitchte Glocken und solche Sachen. Ich glaube, dass wir sound-mäßig unsere Alben-Trilogie mit dieser Platte abschließen. Die Wiese ist abgegrast. Wenn wir irgendwann mal eine vierte Platte machen, werden wir uns auf jeden Fall hinsetzen und ein neues Konzept entwickeln.

KEYS: Sascha, vielen Dank für das Gespräch.

Tags: Interview

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